Die Fehlerkultur im Unternehmen stärken
Jedes Unternehmen wird in der heutigen Zeit mit hoher Komplexität konfrontiert. Diese geht häufig damit einher, dass z. B. kaum noch Innovationen stattfinden, Mitarbeitende kurz nach der Einstellung schon wieder kündigen, Projekte zu lange brauchen und zudem Probleme verursachen. Auch kommt es vor, dass Führungskräfte alles vorgeben müssen, obwohl sie kaum Zeit dafür haben. Um diesen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, sind andere Human Skills als früher wichtig.
Organisationen müssen lernen, sich weiterzuentwickeln, damit sie dem großen Wettbewerbsdruck standhalten können. Zudem braucht es kreative und innovative Ideen, um den Erfolg zu sichern bzw. noch weiter auszubauen. Dafür ist ein Wandel notwendig, der sich an folgenden Punkten ausrichtet:
- Notwendigkeit der Veränderungen erklären,
- Strategie transparent machen,
- Ansprüche berücksichtigen,
- Gestaltungsmöglichkeiten schaffen,
- in Weiterbildung investieren und
- Fehlerkultur stärken.
Diese sechs Aspekte wurden in einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Zusammenarbeit mit Stepstone, New Work Se und Kienbaum angeführt. Besonderes Augenmerk wollen wir in diesem Blog auf den Punkt „Fehlerkultur stärken“ legen.
Verpasste Chancen in der Kommunikation identifizieren
Sicherheit ist etwas, dass unter den heutigen Voraussetzungen kaum mehr möglich ist. Ständig passieren Änderungen und Anpassungen, zum Beispiel Preisanpassungen, Lieferzusagen, Rohstoffbestand, etc. Niemand weiß, ob das, was jemand sagt, morgen noch ebenso relevant ist wie heute. In manchen Branchen kommt es vor, dass das Gesagte schon nach wenigen Stunden revidiert wird, weil sich eine wichtige Änderung ergeben hat, die Stunden zuvor noch nicht bekannt war. Diese Ungewissheit erschwert es den Menschen, Informationen zu teilen und ihre Meinung zu sagen. Für eine Organisation liegen aber oftmals im Äußern von Bedenken, in nicht gestellten Fragen, Fehlern, die nicht angesprochen werden oder ungefilterten Informationen verpasste Chancen. Damit die Fehlerkultur gestärkt wird und Weiterentwicklung möglich ist, gilt es, diese Chance zu erkennen und zu nutzen.
Auf Perspektivenvielfalt über alle Ebenen der Organisation setzen
Ein weiterer Punkt ist, dass eine einzelne Person in dem heutigen komplexen System nicht mehr alles berücksichtigen kann. Aus diesem Grund ist es wichtig, auf Perspektivenvielfalt zu setzen über alle Ebenen der Organisation hinweg. Auf den ersten Blick erscheint das einfach. Jeder kann sagen, was er denkt und seine Sicht der Dinge schildern. Je unterschiedlicher jedoch Persönlichkeiten, Fachgebiete und Erfahrungen der Menschen sind, desto herausfordernder ist es, die Perspektivenvielfalt zuzulassen und ein gelingendes Miteinander zu gestalten. Nehmen wir zum Beispiel einen Facharbeiter aus der Produktion, der einen Fehler bemerkt. Er selbst ist relativ neu im Unternehmen und möchte das gerne ansprechen. Auf jeden Gesprächsversuch reagieren seine Vorgesetzen abweisend, da sie im Stress sind. Der neue Mitarbeiter bekommt auch mit, wie negativ seine Kollegen auf den gemachten Fehler reagieren. Kommt es öfter zu solchen oder ähnlichen Situationen, wird der Mitarbeitende wahrscheinlich keine Fehler mehr ansprechen wollen und schweigt. Genau dieses „nicht ansprechen“ begegnet Professorin Amy Edmondson in ihrer Forschung zu psychologischer Sicherheit oft.
Definition: Psychologische Sicherheit
Die psychologische Sicherheit beschreibt ein Arbeitsklima, das von einem gegenseitigen Respekt und zwischenmenschlichen Vertrauen geprägt ist, welches es den Teammitgliedern ermöglicht, sich einbezogen zu fühlen, sicher zu lernen, etwas beizutragen und den Status Quo herauszufordern.
Etwas nicht an- oder auszusprechen hat unterschiedliche Gründe. Zum Beispiel kann es Menschen, die neu im Team sind, schwerfallen, etwas anzusprechen. Sie sind noch unsicher und möchten niemanden in Verlegenheit bringen oder selbst als inkompetent dastehen. Manche Mitarbeitenden denken auch, dass ihre Äußerungen niemanden interessieren oder sie möchten sich damit nicht lächerlich machen. In vielen Teams reagieren die Teammitglieder mit Angst oder Befürchtung vor einer Sanktion, sodass Fehler verheimlicht werden bzw. nur langsam ans Licht kommen. Dieses erlernte Vermeidungsverhalten ist hinderlich für einen offenen Austausch. Kurzfristig mag es erfolgreich erscheinen, doch langfristig richtet es erheblichen Schaden an. Dabei können wir von Fehlern lernen, wenn diese angesprochen und evaluiert werden. In einer Organisation, die jedoch von Misstrauen und Angst geprägt ist, entstehen keine Innovationen, keine Kreativität und keine Entwicklung. Da die Mitarbeitenden mehr Energie und Aufmerksamkeit in die Vermeidung von Fehlern investieren als in die konstruktive Auseinandersetzung damit.
Die psychologische Sicherheit ist ein Erfolgsfaktor für Teams und damit für das gesamte Unternehmen. Ihr positiver Einfluss am Arbeitsplatz ist mehrfach bewiesen worden – so hat psychologische Sicherheit Auswirkungen auf das Engagement der Mitarbeitenden, ihre Kreativität und fördert den aktiven Austausch von Wissen[1]. Je komplexer die Aufgaben, umso wichtiger ist die psychologische Sicherheit für den Lern- und Teamerfolg[2]. Das alles setzt ein Unternehmensklima des gegenseitigen Vertrauens und Respekts voraus.
Eine Arbeitsatmosphäre für gute Fehlerkultur schaffen
Sowohl die Führungskraft als auch Kollegen und die Organisation können psychologische Sicherheit fördern. Für die Organisation ist es wichtig zu erkennen und zu verstehen, wie psychologische Sicherheit wirkt. Das sollte allerdings kein Freifahrtschein sein, denn klare Verletzungen müssen weiterhin sanktioniert werden z. B. wenn Mobbing stattfindet. Das schützt die anderen Mitarbeitenden und steigert das gemeinsame Wohlbefinden – psychisch und physisch. Insgesamt sollte eine bessere Fehlerkultur gelebt werden, raus aus dem negativen Image und offen über Fehler sprechen.
Führungskräfte können psychologische Sicherheit unter anderem dadurch fördern, dass sie Transparenz herstellen und alle relevanten Informationen an das Team weitergeben. Ebenso sollten sie Ursachen und Hintergründe adäquat offenlegen und über Fehler sprechen. Werden Entscheidungen getroffen, die das Team direkt betreffen, ist es wichtig, die Mitarbeitenden einzubeziehen. Als Führungskraft ist es wichtig, sich seiner Vorbildrolle bewusst zu sein und Demut sowie Wertschätzung zu zeigen. Gelingende und positive Beziehungen tragen ebenfalls zur psychologischen Sicherheit bei und unterstützen ein Arbeitsklima, in welchem die Fehlerkultur verbessert und gestärkt wird.
Im Grunde kann jeder Einzelne seinen Beitrag dazu leisten, indem ein Mindset gefördert wird, welches Fehler als Chance begreift, den Fokus auf das Lernen setzt und offen für Neues ist etc.
In der modernen Arbeitswelt, die immer komplexer geworden ist, in der Teams vor immer neuen Herausforderungen stehen und vielen Unsicherheiten begegnen, braucht es umso mehr einen sicheren und stabileren inneren Kern, um den Wandel bestmöglich zu gestalten. Möchten Sie in Ihrer Organisation mehr Innovation, Engagement und eine positive Fehlerkultur, dann begleiten wir Sie gerne in der Führungs- und Teamentwicklung. Bei weiteren Fragen rufen Sie uns gerne an, schreiben Sie uns oder vernetzen Sie sich mit uns auf LinkedIn.
[1] Quelle: Edmondson, 2018
[2] Quelle: M. Lance Frazier und Kollegen, 2017